- Patrick Aulehla

- 4. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Ford Nugget Titanium im Test: Wohnen unterwegs
Tausche festen Wohnsitz gegen fahrendes Zuhause, arbeiten kann ich eh von überall. Geht dieses Lebenskonzept mit dem Ford Nugget auf?
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder
Irgendwie ist der Ford Nugget nur ein Auto, was man besonders dann zu schätzen weiß, wenn man sich mit ihm in die Stadt oder gar in eine Parkgarage verirrt. Mit Abmessungen von 5,05 Metern Länge, 2,03 Metern Breite und 2,09 Metern Höhe (inklusive Markise) ist er nicht größer als die ausgewachsenen SUVs, mit denen viele Menschen freiwillig durch die City pendeln. Gewissermaßen ist dieser Überlebens-Ford auch als Primärfahrzeug nutzbar, falls man sich kein Zweitfahrzeug anschaffen möchte (oder kann, dazu mehr im Kapitel Preis).
Zuhause auf Rädern
Andererseits ist der Ford Nugget ein Zuhause auf Rädern, das bis zu fünf Personen fahrend, und bis zu vier Personen schlafend würdevoll unterbringt, mit Küche und Dusche und Kühlschrank und allem rundherum. Der Urlaubsentwurf "Outbreak" geht sich mit dem Nugget locker aus, man ist autark lebensfähig, man ist unabhängig - sogar von der Wasserleitung, weil man bis zu 33 Liter Frischwasser mitführen kann.
Die Vorstellung, sich für ein paar Wochen von der Verpflichtung Zuhause verabschieden zu können und einen auf Glomade zu machen (Glamour-Nomade), hat zunehmend an Romantik gewonnen. In Österreich werden dem Freiheitsbedürfnis allerdings Riegel vorgeschoben - einfach irgendwo hinstellen und Zelte aufspannen ist verboten, weil man einen Großgrundbesitzer so um seinen Seelenfrieden bringen würde oder so ähnlich, und das geht freilich nicht.

Volle Freiheit in Skandinavien
Hierzulande steuert man demnach primär Campingplätze an - wer sich wirklich frei fühlen will, fährt in Richtung Skandinavien, dort darf man so gut wie überall stehenbleiben und übernachten, das ermöglicht das sogenannte Jedermannsrecht. Mitten im Nirgendwo geparkt spürt man den Freiheitsflair erst so richtig: Man wird wachgeküsst von der Sonne, man startet den Tag - sofern man das möchte - immer an einem anderen Ort, man fühlt sich ungebunden und frei. Wer sich in der unglücklichen Lage befindet, auch im Urlaub arbeiten zu müssen, der klappt die Klapptische und den Laptop vor dem Nugget auf und fühlt sich augenblicklich von der Freiheit inspiriert. So kitschig das klingt: Ungebundenheit und Natur wirken wie ein Kreativitätsbooster, die Produktivität sprudelt nur so heraus.
Wer genug hat vom Arbeiten, läuft eine Runde um den See, fährt mit dem auf dem Fahrradträger mitgebrachten Bike durch den Wald, entdeckt die umliegenden Dörfer oder Städte, setzt danach einen Kaffee auf oder schenkt sich ein Achterl ein, das Abendessen köchelt derweil am Herd, das hat schon was. Auch das Duschen klappt im Sommer sehr gut - in den kalten Monaten wird man mit der Outdoor-Brauserei aber weniger Freude haben, außer man zählt sich zu den wirklich hart Gesottenen, auch die soll es geben.

Motor, Antrieb und Verbrauch
Für das Reisen in die Ferne bringt unser Nugget einen relativ verbrauchsarmen 170 PS starken Dieselmotor mit Achtgang-Automatik und Frontantrieb mit. Relativ verbrauchsarm heißt: Ein Spritsparwunder kann ein Camper schon konzeptbedingt nicht sein - immerhin schiebt man eine fahrende Wand durch den Wind, die obendrein gute 2,5 Tonnen wiegt. Rund zehn Liter Diesel wird man einkalkulieren müssen, wenn man sich in Sachen Tempo nicht zurückhalten möchte. Weniger geht sich nur mit sehr zurückhaltender Fahrweise aus, und das möglichst abseits von Autobahnen.
Macht man einen auf ganz ernst, steigt also völlig aus dem zivilen Leben aus, muss man mit dem Nugget einige Einschränkungen verkraften: Da wäre die erwähnte Outdoor-Dusche, die im Winter nicht die angenehmste Lösung ist. Der Platz an Bord ist für ein paar Wochen völlig ausreichend - wer aber sein Leben in seinem Fahrzeug unterbringen möchte, muss vor dem Aufgeben des festen Wohnsitzes rigoros ausmisten, oder einen Anhänger mitschleppen.
Bild 1: Die Steuerzentrale des Ford Nugget. Bild 2: Der Schlafplatz im Aufstelldach. Super Aussicht inklusive.
Der Preis
Die für die meisten größte Hürde, die man für den Ford Nugget überspringen muss, ist dessen Preis: Für unsere 170 PS starke Dieselvariante in der Ausstattung Titanium werden laut Preisliste 111.062,50 Euro fällig, mit ein paar Extras sind es knapp 116.000 Euro. Das ist, gelinde gesagt, kein Bemmerl, wenn man den Nugget als Ford Tourneo Custom mit Aufbau betrachtet. Verglichen mit einem Eigenheim oder einer Ferienwohnung könnte man dagegen von einem Schnäppchen sprechen.
Was wir gut finden: Dass wir eigentlich keine Wohnung mehr brauchen.
Was wir nicht so gut finden: Den Preis und die fehlende Stellplatz-Freiheit in Österreich.
Man kauft ihn, weil: man aus dem Alltag fliehen, aber nicht auf ein Zuhause verzichten möchte.
Alternativen: VW California, Mercedes-Benz Marco Polo
Ford Nugget 2.0 Ecoblue 170 PS Titanium (2025): Technische Daten, Österreich-Preis, Leistung, Gewicht, Verbrauch, Reichweite
Testwagenpreis: € 115.883,75 brutto
Einstiegspreis: € 111.062,50
Bestellbar: Lagerfahrzeuge (Update Oktober 2025)
Motorleistung: 125 kW/170 PS
Drehmoment: 400 Nm
Motor: R4
Hubraum: 2,0 l
0-100 km/h: k.A.
Höchstgeschwindigkeit: 260 km/h
Verbrauch (WLTP): 8,9-9,2 Liter/100 km
Realverbrauch im Test: 10 Liter/100 km
CO2-Emission (WLTP): k.A.
Leergewicht: 2.411 kg
Höchstzulässiges Gesamtgewicht: k.A.
Abmessungen Länge/Breite o.S./Höhe: 5.050/2.032/2.065 mm
Kofferraumvolumen (VDA): k.A.
Anhängelast (gebremst/ungebremst): 2.500 kg/750 kg





















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