Lexus RX 450h Executive Line 2024 Test: Geschmack, Begonien, Premium-SUV
Während Premium-SUVs üblicherweise dazu neigen, den Vorwärtsdrang ihrer Lenker auch nach außen zu kommunizieren, besetzt der Lexus RX 450h+ die eher versöhnliche Nische. Das gilt auch für den Preis, solange man im Segment und nicht in absoluten Zahlen rechnet.
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder
Aller Anfang ist Design, und Design ist Geschmackssache, wenn man seine Bedürfnisse einmal abgesteckt hat. Hat man zum Beispiel das Bedürfnis Topfpflanze, dann kann man aus tausenden verschiedenen Arten wählen, die in den Gärtnereien dieser Welt dann doch nur verhungern, weil uns Menschen am besten die Begonien gefallen. Wer das Bedürfnis großes Premium-SUV hat, dem wird ebenfalls eine ganze Reihe an Produkten offeriert, nur hat sich der Markt wie bei den Topfpflanzen längst auf ein Kredo verständigt: "Fahr rüber, ich hab's eiliger als du", was optisch mal mehr und mal nicht ganz so mehr in die Karosserie geschliffen ist. Passt schon irgendwie, ist immerhin die Chefetage. Aber Geschmack, nun ja, ist eine andere Sache.
Premium-SUV, nobel zurückhaltend drapiert.
Wer seinen Vorwärtsdrang einigermaßen im Zaum halten kann, der wird aus der Visualisierung des künftigen Auftritts allerdings die Erkenntnis gewinnen, dass der fahrende Vorschlaghammer nicht exakt jenes Selbstbild kommuniziert, das man durch das gewählte Fortbewegungsmittel in die Umgebung diffundieren möchte. Bleibt nur die Frage: Gibt es überhaupt vernünftige Alternativen, die einigermaßen zurückhaltend auftreten? Ja, die gibt es, und eine heißt Lexus RX 450h+.
Natürlich ist der RX mit rund 4,90 Meter Länge ebenfalls keine subtile Erscheinung - das ist ganz einfach der Fahrzeugklasse geschuldet. Im direkten Vergleich mit BMW X5 und Konsorten wirkt der RX aber zurückhaltend fein, stilsicher und modern gezeichnet und nicht allzu gewaltig. Sogar Coupé findet sich ein bisschen am Heck, wobei der Laderaum mit 612 bis 1.678 Liter Fassungsvermögen ordentlich bleibt.
Will er nicht, könnte er aber: Umackern im Schnee. Allrad ist in jeder Version an Bord.
Selbstverständlich wäre der RX kein Lexus, wäre er nicht hybridisiert. In der Variante RX 450h+ fährt er als Plug-In-Hybrid vor - mit 18,1 kWh Batteriekapazität, was theoretisch für eine E-Reichweite von 68 Kilometern reicht. Wie bei allen anderen Plug-In-Hybriden sind WLTP-Angaben nicht für bare Münze zu nehmen, allerdings kommt der Lexus da schon einigermaßen hin. Rund 50 Kilometer sind abseits von Autobahnen möglich, das reicht für die meisten Pendlerstrecken aus. Ergo schleicht man mit geladener Batterie rein elektrisch durch die Stadt, was der Wahrnehmung ebenfalls sympathisch zuspielen dürfte.
Fahren: Sehr komfortabel, auch mit vier statt sechs Zylindern
Wer die Batterie seines RX leer gesaugt hat, dem bleiben immer noch 2,5 Liter Hubraum übrig, die sich im Gegensatz zum Vorgänger nicht mehr auf sechs, sondern jetzt auf vier Zylinder verteilen. Das ist eigentlich nur akustisch schade, in Sachen Fahrkomfort gibt's nichts zu bemängeln. Dass das Automatikgetriebe ein stufenloses, umgangssprachlich Gummiband-Automatik genanntes ist, macht sich kaum bemerkbar, vor allem bei geladenem Akku nicht.
Muss man mit dem RX doch einmal die linke Spur okkupieren, dann stehen einem 309 PS Systemleistung zur Verfügung, dargereicht über alle Viere. Viel eher genießt man in einem Lexus aber das ruhige Gleiten und den geringen Verbrauch, der sich unserer Erfahrung nach gegen null Liter bei geladener Batterie, und bei nicht geladener um die sieben Liter einpendelt. Eine Sache, die der Ruhe nicht nur im RX, sondern in allen neuen Autos zwischen die Beine grätscht: Geschwindigkeitswarner, Spurhalteassistent und Aufmerksamkeitserkennung. Fahren mit Sonnenbrille ist unaufmerksam, die kurvige Landstraße eine Sonderprüfung, 51 km/h im Ortsgebiet ein Kapitalverbrechen. Sei's drum - zwei, drei Mal am Lenkrad drücken und das Problem ist therapiert.
Kunstvoll geformt: Das LED-Leuchtband am Heck des RX 450h+.
Neben den mühsamen bringt der RX auch viele sinnvolle Assistenten mit: Abstandhalten auf der Autobahn und im Stau, assistiertes Notbremsen, automatisiertes Einparken - all das und viel mehr geht ganz von allein. Etwas Eingewöhnungszeit brauchen Toyota- und Lexus-Neulinge für das Multimediasystem. Wer die Aufteilung zwischen Lenkradtasten für das Tachodisplay (darüber lassen sich etwa die Assistenten steuern) und großem Touch-Infotainmentdisplay noch nicht kennt, der wird sich in den Tiefen der Menüs anfangs verirren. Das löst sich nach ein paar Tagen aber in Wohlgefallen auf, weil die Aufteilung durchaus eine sinnvolle ist: Alles, was das Fahren betrifft, findet man vor einem. Alles andere in der Mitte.
Der Innenraum des RX 450h+ überzeugt mit toller Bedienbarkeit (vulgo Schaltern und Tasten), Ergonomie und Sitzkomfort.
Lexus RX 450h+ Executive Line: Der Preis ist heiß
Dass der Lexus RX 450h+ in absoluten Zahlen kein Schnäppchen ist, haben wir anfangs schon erwähnt. 91.280 Euro ruft die Marke für unseren Testwagen in der Executive Line auf, dafür kann man für jeden Wochentag einen andersfarbigen Dacia Sandero kaufen. Allerdings ist das große SUV-Segment allgemein kein günstiges, das wird einem beim direkten Vergleich mit den Mitbewerbern bewusst. Alles andere, vor allem die marktführenden Vier BMW X5, Mercedes GLE, Audi Q7 und Porsche Cayenne sind deutlich teurer - für einundneunzigtausend Scheine gibt's meist noch nicht einmal den Einstiegs-Plug-In. Der Lexus RX 450h+ Executive Line ist dagegen vollausgestattet, die einzige Option aus der Aufpreisliste (ein Technikpaket für 2.100 Euro) haben wir bereits eingerechnet.
Lexus RX 450h+ Executive Line (2024): Technische Daten, Österreich-Preis, Leistung, Gewicht, Verbrauch
Testwagenpreis: € 91.280,00 brutto (Basismodell Lexus RX 350h: ab € 79.600,00)
Bestellbar: Ab sofort (Konfigurator)
Systemleistung: 227 kW/309 PS
0-100 km/h: 6,5 sek.
Vmax: 200 km/h
Leergewicht: 2.240 kg
Kofferraum: 612 - 1.678 Liter
Länge/Breite o.S./Höhe: 4.890/1.920/1.695 mm
Verbrauch (WLTP): 1,1 l/100 km
CO2 (WLTP): 25 g/km
Reichweite (WLTP): 68 km im rein elektrischen Fahrbetrieb
Ladung: 11 kW AC (0-100%: ca. 4h)
Comments