Audi Q8 Sportback e-tron (2023): Eine Gruppenarbeit
In Österreich sind Tankstellen nicht nur zum Tanken da. Sie sind Begegnungszonen unterschiedlicher Meinungen, Plattform für versierte Antriebsdiskussion. Wobei man mit dem vollelektrischen Audi Q8 e-tron Sportback eher eine Nische besetzt.
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder
Es ist immer wieder erstaunlich, welcher Beliebtheit sich Audis unter Autofans erfreuen. Wir schreiben Freitagabend, 21:30 Uhr. Ich rolle zur Tankstelle, um mir ein Feierabendbier für Zuhause zu holen. Eine Angelegenheit von eigentlich fünf Minuten. Kühlschrank auf, Sechsertragerl raus, zahlen, Danke und auf Wiedersehen sagen. Dem Verkäufer allerdings ist der Audi Q8 e-tron Sportback aufgefallen, und er findet ihn: "geil". Das ist gut, da sind wir einer Meinung. Nur ein bisschen zu leise wäre er für sein Empfinden - das könne er von seiner 1990er Corvette nicht behaupten. Siebzehn Liter Hubraum, achttausend PS - ein paar Prozent kommen beim Plaudern immer obendrauf.
"Und wie viel Leistung hat der Audi?"
"300."
"Na eh auch ned schlecht. Echte oder Staubsauger PS?"
"Kilowatt"
Ich ahne, was sich augenblicklich bewahrheiten sollte: Sie ist angerichtet, die Strom-oder-Verbrenner-Diskussion.
"Wie weit kommt der?"
"542 Kilometer laut Preisliste."
"Naja, und in echt, sag' ma auf der Autobahn?"
"Kommt drauf an, wie schnell man fährt. Bei 130 km/h ungefähr 400 Kilometer."
"Und wie lange dauert das Laden?"
"Kommt drauf an, wie viel Zeit man hat."
"Hä?"
"Naja, wenn du's eilig hast, dann gehen in 30 Minuten am Hypercharger knapp 80 Prozent hinein. Daheim dauert's länger."
"Aber mein Diesel..."
"Moment. Ich dachte, du fährst eine Corvette?"
"Ja, eh, ich mein' das Alltagsauto. Also mein Diesel kommt 1.000 Kilometer weit mit einem Tank."
"Ich fahre eher selten 1.000 Kilometer am Stück."
"Ich eh auch nicht. Aber können tät' ich, wenn ich müsste."
Ab hier ist die Pattsituation üblicherweise in Griffweite, weil die 1.000 Kilometer schlussendlich doch sehr wichtig sind, weil stell dir vor, dass du aus Dijon schnell einen Senf holen willst. Und überhaupt, die Laderei, das nervt einfach.
Macht Eindruck. Dank LED-Band auch noch am nächsten Planeten.
Eh geil. Aber: Es gibt immer ein Aber. Oder zwei.
Warum sich der Audi Q8 e-tron Sportback 55 diese Unterhaltung ein bisschen mehr als andere Elektroautos gefallen lassen muss, hat zwei Gründe. Erstens: Er ist ein Audi, und Audis finden viele "geil". Wenn sich an etwas Geilem etwas ändert, dann wird das diskutiert, ob das dem eigentlichen Benutzer dieses Fahrzeugs nun wurscht ist oder nicht. Wenn ein Audi also plötzlich elektrisch fährt, sich per Ladekabel metaphorisch an die nähere Umgebung kettet, dann geht dieser Freiheitsraub alle etwas an. Auch wenn die alle eine Corvette oder ein Dieselauto fahren.
Zweitens: Der Audi Q8 e-tron Sportback kostet mindestens 63.258 Euro in Österreich, und wir sprechen hier von der Business-Ausstattung, der Basisversion. Unser Audi Q8 e-tron Sportback 55 mit der größten 114 kWh Batterie (106 kWh Nettokapazität), mit S-Line Umfängen und einigen... na gut... fast allen Häkchen in der Aufpreisliste, kommt auf 118.023.60 Euro, und das ist dann kein Zuckerschlecken mehr. Wer sich jetzt wundert, wie man den Kaufpreis per Optionsliste fast verdoppeln kann: Das hängt zu einem guten Teil an der Monsterbatterie, die mit zu den größten aller Elektroautos zählt. Und an dem Leder auf der Armaturentafel, an den S line Umfängen, den Matrix-LED-Scheinwerfern, den virtuellen Außenspiegeln, und so weiter, und so fort. Das ist schön, aber dafür bekommt man den dicken Verbrenner-Q8 auch, der zwar ebenfalls keine 1.000 Kilometer weit fährt, aber schneller, überall und immer tankt.
Dennoch gibt es einen Grund, aus dem wir den Strom-Q8 für viele als das bessere Auto erachten, und der ist neben finanzieller (dazu am Schluss mehr) vor allem praktischer Natur: Im Regelfall bewegen wir uns von Wohnungstüre zu Arbeitstüre und wieder zurück, was vielleicht 30, vielleicht 50 oder vielleicht 100 Kilometer bedeutet. Gerade diese Strecken aber machen das Kraut am Ende fett, weil sie beinahe täglich passieren. Hier wandern die meisten Kilometer ins Land, und die möchte man - zumindest ich - in Ruhe, in Wärme und in Gelassenheit verbringen.
Ruhe und Gelassenheit: Ein aufgeräumtes Cockpit mit allerlei Tech. Und mit sehr guter Geräuschisolierung.
Willst du mit mir laden?
Der Q8 e-tron ist ruhig, weil kein Motor schnattert und richtig gut gedämmt; ist sofort warm, weil sich keine zwei, drei, vier oder fünf Liter Hubraum erstmal auf Temperatur nageln müssen; und ist gelassen, weil er über allerlei Fahrhilfen, Assistenten und Sicherheit verfügt. Und über so viel Leistung, dass es einem möglich ist, aus beinahe jeder unangenehmen Verkehrskonstellation nach vorne zu flüchten. In der Arbeit oder Zuhause angekommen, hängt man das Auto an die Ladestation, programmiert die Klimaanlage auf Abfahrtszeit, und rollt wieder zurück - ebenfalls ruhig, warm, gelassen und: getankt. Dass dafür eine Ladestation nötig ist, ist richtig. Aber das weiß man ja schon vor dem Autokauf - wenn's nicht möglich ist, dann greift man halt ins Verbrenner-Regal.
300 kW (oder 408 PS) Motorleistung und 664 Newtonmeter Drehmoment setzen zum Befreiungsschlag an: In 5,6 Sekunden fährt man Hundert.
Was all das natürlich nicht ändert, ist die Tatsache, dass man auf längeren Strecken gelegentlich nachladen muss. Dazu möchte ich von einer persönlichen Erfahrung berichten: Zusammen mit einigen Freunden sind meine Freundin und ich vom Bezirk Tulln aus mit zwei Autos nach St. Johann im Pongau gefahren. 360 Kilometer Fahrtstrecke, im Grunde ohne laden möglich. Das eine Auto war ein voll besetzter 8-Sitzer-Bus, das andere der vollbesetzte Elektro-Q8. Bei der Abfahrt haben wir natürlich lustige Wortspenden kassiert - ihr werdet ein Hotelzimmer brauchen, na hoffentlich müsst's den nur bergab anschieben, und so weiter, und so fort. Um die Sache abzukürzen: Wir haben kurz vor Mondsee einen Kaffee getrunken, den Q8 für 20 Minuten nachladen lassen, und als wir am Parkplatz der Unterkunft ankamen, waren die anderen gerade dabei, den Kofferraum zu öffnen.
In der Praxis ist es nämlich so: Nach drei oder vier Stunden hat immer jemand Hunger oder Durst oder dringende Bedürfnisse, die man ganz einfach mit einem Ladestop kombiniert. In einem 8-Sitzer-Bus natürlich öfters als allein, aber alleine fährt weite Strecken kaum jemand. Falls man das muss, beruflich zum Beispiel, dann ist der Verbrenner-Q8 wahrscheinlich die bessere Wahl (nur um mit dem Beispiel in der Preisklasse zu bleiben - das gilt natürlich für jeden anderen Verbrenner, Hybrid oder Plug-In-Hybrid genauso).
Im Stadtgebiet hält eine Vollladung locker eine Woche lang. Wer an der Autobahn nachfüllen muss, macht das mit bis zu 170 kW. Das bedeutet: Von 5 auf 80 Prozent in knapp 30 Minuten.
Spar' dir was auf höchstem Niveau
Wer jedoch hauptsächlich innerhalb der Reichweite seines Elektroautos fährt, der freut sich über mehr Ruhe und Gelassenheit, der genießt die mächtige Beschleunigung und der spart letztendlich Geld - in Form von Ankaufsförderungen, weniger Steuern, günstigerem Laden, Sachbezug-Entfall, Vorsteuerabzug, et cetera. Das klingt zwar komisch bei Hundertausendeuroautos, nur überweisen auch die gut Betuchten nicht gern mehr als unbedingt nötig.
Abseits dessen tritt man mit dem Audi Q8 e-tron Sportback imposant in Erscheinung - eine die sich auf 4,92 Meter Länge, 1,94 Meter Breite und 1,63 Meter Höhe ausdehnt, um nicht nur fünf Passagieren gemütlichen Raum zu bieten, sondern auch 528 bis 1.567 Liter Ladevolumen. Dass er trotz 300 kW Motorleistung (oder 408 PS in alter Währung), trotz 664 Nm Drehmoment, trotz einer Beschleunigung von 5,6 Sekunden von Null auf Hundert und trotz 200 km/h abgeregelter Spitze vor allem das komfortable Fahren gut kann, empfinden wir als Wohltat an dem täglichen Betrieb. Das Luftfahrwerk ist übrigens serienmäßig - die netten Gespräche an der Tankstelle auch.
Virtuelle Außenspiegel: Schöner und aerodynamischer, am Anfang aber ein bisschen ein Krampf. Einer, der obendrein 1.884 Euro kostet. Dafür lädt man den Q8 zuhause 71 Mal voll.
Q8 Sportback 55 e-tron quattro S line (2023): Technische Daten, Österreich-Preis, Leistung, Gewicht, Verbrauch
Testwagenpreis: € 118.023.60 brutto (Basispreis Audi Q8 Sportback 50 e-tron quattro business: € 63.258,00)
Bestellbar: Ab sofort. (Konfigurator)
Maximale Leistung: 300 kW/408 PS
Drehmoment: 664 Nm
0-100 km/h: 5,6 sek.
Vmax: 200 km/h
Leergewicht: 2.724 kg
Kofferraum: 528 - 1.567 Liter
Länge/Breite o.S./Höhe: 4.915/1.957/1.620 mm
Batteriekapazität: 114 kWh brutto (106 kWh netto)
Verbrauch (WLTP): 22,05 /100 km
Reichweite (WLTP): 540 km
Ladung: 22 kW AC (0-100%: 6h00) | 170 kW DC (5-80%: 31 min)
Ganz schnell: Der Audi Q8 Sportback 55 e-tron quattro in der S line Ausstattung ist mit fast fünf Metern Länge ein gewaltiges Elektro-SUV, das eine ebenso gewaltige Batterie unter dem Fahrzeugboden trägt. 114 kWh brutto Kapazität (106 kWh netto) sorgen für eine konfigurationsspezifische WLTP-Reichweite von 540 Kilometer, nachgeladen wird am Hypercharger mit bis zu 170 kW. Das bedeutet: 31 Minuten Standzeit für die Ladung von 5 auf 80 Prozent. Im Fahrbetrieb fällt der Q8 Sportback e-tron angenehm komfortabel auf, ist aber auch leistungsstark, wenn es nötig ist. Das hat seinen Preis: Ab 63.258,00 Euro ist der Audi Q8 Sportback 50 e-tron quattro business zu haben. Für 118.023,60 Euro unser getestetes Modell.
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