BMW iX1: Movin' on up!
Das erkennen Sie auf dem Foto vielleicht nicht: Das ist ein BMW iX1 - das kleinste Modell der X-Baureihe. Deswegen müssen Sie aber nicht auf 313 PS verzichten. Steuerfrei, versteht sich.
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder
Fangen wir mit der Kehrseite des Premium-Elektro-SUV-Kaufes an, weil sich die schon bei erster Annäherung vor dem Kunden aufbreitet: dem Preis. 75.780 Euro kostet unser BMW iX1 Testexemplar - das ist nicht einmal in Elektrosphären nichts, und bedenkt man, dass wir hier vor dem kleinsten der hochgestellten Bayern stehen, dann ja: der ist kein Sonderangebot. Soweit, so richtig.
Warum wir dieses Thema auch gleich wieder abhaken können: Wer sich einen vollausgestatteten Premium-Elektro-SUV in die Garage stellen möchte, der muss auch premium ins Börserl greifen, Punkt. Die Preisrecherche bei den direkten Mitbewerbern zeigt: die Bayern spielen auf Augenhöhe. Das ist die Realität, auch wenn sie nicht erfreulich ist.
Eine andere, wiederum erfreuliche Erkenntnis: Der Wert dieses Fahrzeugs ist nicht an seiner Größe festzumachen. Während man bei schmäleren Baureihen auch schmälere Hingabe vermutet, wenn sie in den Werken mit Material ausgekleidet werden, darf sich der iX1 qualitativ in der Upper League bedienen - mit dem markantesten Unterschied, dass er räumlich vergleichsweise genügsam ist. Betonung auf vergleichsweise: Mit 4,5 Meter Länge liegt der bayrische Elektro-SUV auf VW Tiguan oder Nissan Qashqai Niveau - ist also beileibe nicht klein, aber merkbar unkomplizierter durch eine Stadt zu manövrieren als der große X5 zum Beispiel.
Gar nicht so klein und trotzdem oho: Der BMW iX1 mit M-Sportpaket in M Portimao Blau Metallic.
Size matters
Apropos unkompliziert: Ein iX1 ist auch sozioökonomisch weniger kantig als die ganz großen Schiffe - das geht sich noch gut aus, ohne dass die Nachbarn mit fragender Mine hinüber blicken. Wem nach Kante ist, den dürfen wir an die Designer verweisen: Das an vielen Stellen kunstvoll gefaltene Blech baut einen Spannungsbogen vom Scheinwerfer bis zur Heckleuchte auf, um einerseits spürbare Distanz zum Vorgänger herzustellen, und andererseits näher an die großen Geschwister zu rücken. Dieser Plan scheint für uns aufgegangen. Der neue X1 fährt deutlich moderner vor als das das scheidende Modell, lehnt sich optisch leicht zum X5 hinüber, ohne aber auszusehen wie dessen eingedampfte Kopie. Dieses Kunststück gelingt mit gezeigtem M-Sportpaket naturgemäß besser als in der Basisversion; deutlich besser - so viel besser sogar, dass wir die 4.000 Euro Mehrbelastung uneingeschränkt empfehlen wollen.
Abgebogen: Am iX1-Heck haben die Designer wohl ein paar Überstunden gesammelt.
Von der sportlichen M-Ausprägung profitiert man nicht nur außen, auch im Innenraum hebt sie den Qualitätseindruck. Das beginnt bei Alcantara/Sensatec-bekleideten Sitzen, geht über belederte Türtafeln und blaue Kontrastnähte, bis hin zu dem formidablen M-Sportlenkrad, dessen vertikale Speichen an mehreren Stellen ausgefräst sind. Das darf einem natürlich wurscht sein, deshalb wird BMW auch kein Auto mehr verkaufen - wir finden es aber trotzdem toll, weil wir es als Zugeständnis an unser Wohlfühlen empfinden, als spendierte Liebe zum Detail, sozusagen. Von der gibt es im Innenraum übrigens reichlich: Überall, wo man hingreift, fühlt man sich wertgeschätzt - das gilt für das Lenkrad, die Tasten und die Türgriffe gleichermaßen - weil die Bayern folgendes verstanden haben: Wenn wir auch nur einen Störfaktor in regelmäßige Kontaktpunkte montieren, haut das unseren Kunden den Tag zusammen. Da reicht ein billiger produzierter Lenkraddeckel - haben wir erst kürzlich erlebt, glauben'S uns das!
Tägliche Kontaktpunkte in fescher Wäsche. Das soll's auch anders geben.
Den Wegfall des Dreh- und Drück-iDrive-Schalters haben wir betrauert, wiewohl die Funktionen gut in Lenkradtasten und Sprachsteuerung aufgehen. Für den geübten BMW-Fahrer bedeutet das eine kurze Umgewöhnungsphase, den Neukunden wird dieser Umstand hingegen nicht tangieren. Nach einer einer kurzen, dem Funktionsumfang geschuldeten Einarbeitungsphase läuft hier alles tadellos - das BMW OS8 kann man bedenkenlos als Benchmark bezeichnen.
Power to the people
Damit bleibt uns noch eine wichtige Frage: Wie fährt der elektrische BMW iX1? Kurzum: Fein. Die 313 PS und 494 Newtonmeter, die der Elektroantrieb an alle vier Räder schickt, zoomen uns in 5,6 Sekunden von Null auf Hundert - das ist in etwa so schnell wie der Rallyeauto-Ableger Toyota GR Yaris. Im Regelfall geht es aber gemütlich dahin, dann kann man zwischen 417 und 440 WLTP-Kilometer Reichweite aus der 64,7 kWh großen Antriebsbatterie winden. Im realen Leben heißt das etwa 370 bis (optimistisch) 400 Kilometer.
Lange Autobahnetappen sind naturgemäß nicht das Revier eines Elektroautos, auch nicht eines bayrischen, zur Ehrenrettung sei aber anzumerken: Der iX1 bekommt bis zu 130 kW aus der Schnellladesäule, damit wird in 29 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen. Dass wir das als erholsame Pause empfinden, wenn wir in den Urlaub schlendern, ist schön für uns - bringt Ihnen aber wenig, falls Sie täglich von Wien nach Kufstein pendeln. Fassen wir es so zusammen: Wer regelmäßig lange Etappen fährt oder auf der Autobahn keine Zwangspause möchte, für den hält BMW den X1 auch als Verbrenner parat. Wer mit seinem Auto hauptsächlich im näheren Umkreis pendelt, der sollte unserer Meinung nach auf den Elektroantrieb setzen. Weniger Geräusche, nahtloses Beschleunigen, extrem viel Power, Vorklimatisierung und Zuhause tanken - für uns hat dieser Komfort im Alltag überwogen.
BMW iX1 xDrive30
Testwagenpreis: € 75.780 brutto (Basispreis: € 58.500)
Bestellbar: Ab sofort. (Konfigurator)
Maximale Leistung: 230 kW/313 PS
0-100 km/h: 5,6 sek.
Vmax: 180 km/h
Leergewicht: 2.085 kg
Kofferraum: 490-1.495 Liter
Länge/Breite o.S./Höhe: 4.500/1.845/1.642 mm
Verbrauch (WLTP): 16,8-18,1 kWh/100 km
Reichweite (WLTP): 417-440 km
Ladung: 11 kW AC (0-100%: 6,5h) | 130 kW DC (10-80%: 29 min)
Technische Daten:
Ganz schnell: Der BMW iX1 ist ein kompakter E-SUV höchster Güte, der im Alltag nicht nur mit tollem Design verwöhnt, sondern auch in Sachen Qualität allererste Geige spielt. Jeder Kontaktpunkt mit dem Fahrer ist wohlüberlegt gestaltet - das gilt für die verwendeten Materialien ebenso wie für die Bedienlogik. Die elektrische Reichweite ist für die kompakte Batterie ordentlich, der Stromverbrauch BMW-typisch niedrig. Muss man sich aber leisten wollen.
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