Porsche Cayenne E-Hybrid Coupé 2024 im Test: Das Schöne, das Nützliche, das Nötige
Wenn wir konsequent wären, dann hätten wir im Porsche Cayenne E-Hybrid Coupé nur Kreise auf der Wiener Ringstraße gedreht, denn nirgends anders werden mehr SUVs zugelassen als im ersten Bezirk. Arg eigentlich, aber andererseits: Den Weg ins Büro haben wir mit null Liter Durchschnittsverbrauch geschafft.
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder
Wir werden diese Geschichte nicht mit einer Grundsatzdiskussion starten, aber um einige Fakten kommen wir nicht herum. Der Porsche Cayenne ist als E-Hybrid Coupé fast fünf Meter lang, fast 2,5 Tonnen schwer und nach dem Facelift mittlerweile 470 PS stark. Er beschleunigt in 4,9 Sekunden auf Landstraßentempo, und wenn er dürfte, würde er über 250 km/h schnell laufen. In Summe seiner Eigenschaften ist der Stuttgarter also kein subtiles Gerät, was im Grunde völlig wurscht wäre, hätten wir nicht in die Zulassungsstatistik aus 2023 geblickt. Dort steht: Den höchsten prozentualen SUV-Anteil in Österreich verzeichnete der erste Wiener Gemeindebezirk, 54 Prozent fahren hier mit einem Hochsitz spazieren. Porsche baut sein Überdrüber-SUV also nicht für Vollgas-Etappen, sondern primär für Lastanforderungen, die auch ein Dreizylinder packt. Solo, ganz ohne Elektro-Unterstützung.

Parkhaus geht sich aus. Also geht sich auch die Innenstadt aus.
Der logische Schluss
Unser Cayenne Coupé ist trotzdem elektrisch unterstützt, was natürlich nicht an einer physikalischen Notwendigkeit liegt (der V6 allein liefert 304 PS), sondern an der Vermengung des Schönen, des Nützlichen und des Nötigen. Schön ist, dass der Cayenne als Plug-In-Hybrid nicht nur 304 Verbrenner-, sondern 470 Systemleistungs-PS liefert. Auch schön ist, dass er dafür null Prozent NoVA anschreibt, während man im insgesamt schwächeren Basisverbrenner (Cayenne S, 353 Ps) satte 30 Prozent zum Finanzamt führen würde. Nützlich ist, dass der Cayenne theoretisch 73 Kilometer elektrisch fahren kann. Das schafft natürlich kein Mensch, ist völlig ausgeschlossen. Aber selbst mit den 40 "echten" Kilometern sind wir vom Speckgürtel ohne Kraftstoff bis ins Innenstadt-Büro gekommen. Insofern hat sich der Cayenne als Stadtmobil bewährt. Und nötig ist, dass Porsche seinen Flottenverbrauch senkt. Ansonsten wird von der EU ein Erlagschein zugestellt, der in seinem Ausmaß vermag sogar gestandene Konzerne zu stürzen. Mit 34 Gramm CO2-Ausstoß eignet sich der Cayenne auch hierfür perfekt.

In Sachen Marktanteil liegen die Plug-In-Hybride bei fast 100 Prozent. Irgendwo auch klar: Alles andere kostet zumindest einen Kompaktwagen NoVA.
E-Hybrid Antrieb: Viel Technik für wenig Verbrauch
Dass diese Aneinanderreihung von Aufgaben nicht nur komplex klingt, sondern auch technisch komplex ist, lässt der Cayenne freilich nicht durchsickern. Wer dieses Auto einfach NUTZEN möchte, weil man es nutzen kann (und damit meinen wir in erster Linie bezahlen), an dem fliegt die Welt vorbei, auf Distanz gehalten von tonnenweise Dämmmaterial. Man muss am Steuer des Cayenne kein enthusiastischer Autofahrer sein - dieses Fahrzeug ist selbsterklärend, unkompliziert und unprätentiös. Der Hybridantrieb ist hierfür zu besten Diensten erzogen, was bedeutet: Wo immer möglich lässt er den Elektromotor hackeln, und wenn’s doch einmal pressiert, ist das V6-Kraftwerk zur Stelle.
Abgesehen von seinen Ausmaßen geht mit dem E-Hybrid sogar der Stadtverkehr moralisch durch, weil er dafür keinen Sprit verbrennen muss. Lädt man den Cayenne regelmäßig auf, dann hat man ganz Wien mit einer Batteriefüllung im erreichbaren Kreis - von Grinzing bis in die innere Stadt sind's beispielsweise nur acht Kilometer. Ordert man die mit 1.754 Euro gar nicht so teure Hinterachslenkung dazu, dann sinkt neben dem Verbrauch auch der Wendkreis auf Kleinwagen-Niveau.
Sauber verarbeitet, schön gestaltet, einfach zu bedienen. Für den konsequenten Erhalt der Tasten sind wir Porsche zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet.
Dynamische Meilensteine bereits ab dem "Basismodell"
Wer lieber ambitioniert fährt, der dreht den Mode-Regler von Hybrid auf Sport hinüber - die 2,5 Tonnen Leergewicht sind damit augenblicklich vergessen. Lenkung, Luftfahrwerk, Bremsen und Getriebe sind für SUVs als dynamische Benchmark zu verstehen, was für einen Porsche segmentübergreifend als Voraussetzung gilt. Dass der Cayenne anreißt wie von der Hummel gestochen, liegt an den erwähnten 470 PS, und damit auch an der neuen Batterietechnologie. Jetzt 21,8 statt vormals 14,3 kWh sind unters Deck gebunden, weshalb der Elektromotor etwas mehr Leistung abrufen darf. Ebenfalls neu sind die auf 11 kW erstarkte Ladeleistung (Vollladung: 2h15) und eine angepasste Steuerung der Rekuperation. Der Hybridantrieb kann jetzt fast bis zum Stillstand Energie in die Batterie zurückspeisen, was ohne aufzufallen die elektrische Reichweite erhöht.

Mit dem Mode-Schalter lässt sich der Cayenne von unauffällig in Richtung Sportwagen drehen
Tolle Ergonomie, 3.500 Kilogramm Anhängelast, kleiner Kofferraum
Was durchaus auffällt, ist die hervorragende Ergonomie in der Kabine. Einen wesentlichen Anteil daran haben die 18-Wege Sportsitze, die sich pneumatisch an den Körper anpassen lassen. Lordosenstütze war gestern - heute schnallt man die Seitenwagen enger, verlängert die Sitzfläche oder pumpt die Beinauflage auf. Für unseren Geschmack ebenfalls gut gelöst ist das Infotainmentsystem, das nach ein wenig Einarbeitungszeit unendliche Einstellmöglichkeiten offeriert. Falls man das überhaupt möchte. Ansonsten nutzt man einfach Android Auto oder Apple CarPlay. Kabellos, versteht sich.
Dass der fast fünf Meter lange Cayenne ausgerechnet beim Kofferraumvolumen schwächelt, ist zum einen der Coupé-Variante geschuldet, zum anderen dem Plug-In-Hybridantrieb. Die Antriebsbatterie staucht das Ladevolumen auf 434 Liter zusammen, bei umgelegten Rücksitzen bleiben immerhin 1.344 Liter übrig. Ein Skoda Kodiaq kann darüber nur herzhaft lachen - 910 bis 2.105 Liter werden dort für kaum die Hälfte des Cayenne-Listenpreises geboten. Gewaltig ist dagegen die Anhängelast des Porsche-SUV: Bis zu 3.500 Kilogramm (gebremst) gehen an den Haken - das kann nicht einmal der VW Amarok besser.

434 bis 1.344 Liter Ladevolumen warten hinter dem Cayenne Schriftzug. Was für einen Sportwagen ein Rekordwert wäre, ist für ein fünf Meter SUV eher mau.
Porsche Cayenne E-Hybrid Preis: Schon arg, aber nicht so schlimm wie erwartet
Bleibt noch die eine Sache, über die man nur ungerne spricht: Der Preis. Der Porsche Cayenne kostet als E-Hybrid Coupé ab 119.641 Euro. Ausgestattet wie auf unseren Bildern werden 139.684 Euro fällig, was natürlich kein Zuckerschlecken ist. Aber: Es ist auch nicht unfassbar viel teurer als ähnlich motorisierte und ausgestattete Mitbewerber wären (BMW X6, Mercedes-Benz GLE Coupé, Audi Q8). Wer sich entschiedener von anderen Fabrikaten abgrenzen möchte: Nach oben hin bleiben selbstverständlich Möglichkeiten offen. Das Cayenne S E-Hybrid Coupe, zum Beispiel (519 PS, ab 131.525 Euro). Oder der Überdrüber-Hybrid Cayenne Turbo E-Hybrid Coupe mit 739 PS (ab 192.829 Euro).
Porsche Cayenne E-Hybrid Coupé (2024): Technische Daten, Österreich-Preis, Leistung, Gewicht, Verbrauch, Reichweite
Testwagenpreis: € 139.683,90 brutto (Basispreis Porsche Cayenne E-Hybrid Coupé: € 119.641,43)
Bestellbar: Ab sofort. (Konfigurator)
Maximale Leistung: 346 kW / 470 PS
Drehmoment: 650 Nm
0-100 km/h: 4,9 sek.
Vmax: 254 km/h
Verbrauch (WLTP): 1,5 Liter/100 km
elektrische Reichweite (WLTP): 59 km
CO2-Emission: 34 Gramm/km
NoVA: 0 %
Leergewicht: 2.455 kg
Kofferraum: 434 - 1.344 Liter (Plug-In Hybrid)
Länge/Breite o.S./Höhe: 4.930/1.983/1.674 mm
Nutzlast: 655 kg
Anhängelast gebremst/ungebremst: 3.500/750 kg
Comentarios