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VW ID.Buzz: On the Road mit Kind und Kegel


Skiurlaub mit dem Elektro-Bus – samt Snowboards, Baby und Übergepäck? Challenge accepted! Wir sind mit dem VW ID.Buzz von Wien nach Deutschland und zurück gefahren, und haben gelernt, dass Ladezeiten auch zu kurz sein können.



Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder

 

Gerade war da noch ruhiges Gleiten. Eine paar Berge, die am Fenster vorüberziehen. Ein Radfahrer, der sich durch die Kälte kämpft. Bauernhöfe und Kühe, die absolute Idylle. Mars hat jetzt aber genug von Idylle. Mars wird munter, und wenn Mars munter wird, werden gefälligst alle munter. Mit klirrendem Geschrei sägt er durch den Innenraum unseres VW ID.Buzz, bis auch Mama und Papa endlich Habt-Acht stehen. Die Babyrassel scheppert, was das Zeug hergibt, doch die elterliche Sänfte trägt keine Früchte.


Immerhin: Die Wachzeiten unserer kleinen Sirene haben sich an das Ladeintervall des ID.Buzz angepasst. Stehen bleiben heißt nicht mehr nur Strom tanken und in die Luft schauen müssen, sondern auch Raubtierfütterung, Windeln wechseln und Streicheleinheiten. Dass uns der eingebaute VW e-Routenplaner zu nur 20-minütigen Ladestopps rät, finde ich super - Mama Beth und Papa Christian finden das mittlerweile weniger super, aber das haben sie sich selbst zuzuschreiben.




Unser Drehplan: Zwei Stunden Idylle. Dann Klappe, Schnitt, und Taaagwaaacheeee!


Willst du ernsthaft mit dem Elektrobus fahren?

Die Vorgeschichte geht so: Als ich den VW ID.Buzz als unser Urlaubsmobil angekündigt habe, war ich auf Euphorie, Gejubel und Freude eingestellt. Immerhin ist er die Wiedergeburt des ultimativen Freiheitsgedankens, des Lifestyles der Fünfziger- und Sechziger-Jahre. Wer einen Bulli fuhr, dem waren keine Grenzen gesetzt. Genug vom tristen Alltagsleben? Dann ciao! Was man auf die Flucht mitnehmen wollte, hat man hinten ins Auto geschmissen, und ist nach Italien, nach Spanien, oder meinetwegen ins Waldviertel gebrettert.


Von dieser Romantik ist meinen Passagieren leider nicht viel geblieben. Ob wir nicht dauernd laden müssten und wie lange diese Pausen denn wären. Was wir machen würden, wenn wir's nicht rechtzeitig zum Stecker schafften. Und ob das stimmt, das einen auf der Autobahn die LKWs versägen. Beth und Christian löchern mich mit dem Zweifler-Einmaleins, doch bei all dem Ehrgeiz, den das in mir hervorbrachte: Ganz unberechtigt waren ihre Vorbehalte nicht. Skiurlaub in Aschau im Chiemgau, mit ein paar Umwegen deutlich über 400 Kilometer, zu dreieinhalbt und ausschließlich elektrisch chauffiert. Die 423 Kilometer WLTP-Reichweite des ID.Buzz sind zwar aller Ehren wert, aber wir wissen natürlich, dass wir so viele nicht herauskitzeln werden. Es ist gefühlt noch Winter, vollbeladen sind wir auch, und unsere Route führt hauptsächlich über Autobahnen. Die Bedingungen könnten also besser sein.



VW ID.Buzz Außen Frontansicht

So geht Bulli heute. VW hat den Klassiker für 2023 eingekleidet.


Phase #1: Hereinspaziert

Nachdem wir uns darauf verständigt haben, dass der Deal aus Strom tanken versus praktisches und emotionales fünf-Stunden-Chaos in meinem Testfahrzeug trotzdem kein schlechter, und um Welten besser als das Szenario-B, nämlich öffentliche Verkehrsmittel, ist, rolle ich den ID.Buzz bei Christian und Beth vor die Türe. Sie wollen uns offenbar herausfordern. Drei Snowboards, drei Helme, etliche Schuhe, ein Kinderwagen, Taschen, Koffer und tonnenweise Verpflegung haben sie auf dem Gehsteig ausgebreitet, die ich jetzt bitte in den Laderaum komprimieren möge. Einer gewissen Logik folgend, weil wir für unsere Pausen sonst jedes Mal einen Packdienst bräuchten.


Dass ich mich dieser Aufgabe gewachsen fühle, hat weniger mit einer ausgeklügelten Schlicht-Taktik zu tun als mit der Tatsache, dass in den Kofferraum des Elektro-Bulli 1.120 Liter passen. Hinter die Rücksitze, wohlgemerkt. Einen davon schmeiße ich für die Snowboards um, der Rest fügt sich unter- und oberhalb des Ladebodens ein.


Das war’s? Das war’s. Wir können ablegen.




1.120 bis 2.123 Liter bekommt der ID.Buzz hinein. Tetris-Skills sind erst bei Familienurlauben länger als eine Woche nötig.


Was einem Bus weniger als bedenkenloses Zuladen liegt, ist Fahrtwind. Der cw-Wert des ID.Buzz ist mit 0,285 zwar nicht schlecht für einen Wagen seiner Statur - trotzdem bietet sich der Luft viel Angriffsfläche, besonders auf schnellen Autobahn-Etappen. Für die Reichweite ist das naturgemäß suboptimal. Weil ich aber kein Interesse daran habe, meine Freunde in ihren Vorbehalten zu bestätigen, wird nicht einfach irgendwo geladen. Ich lasse die Tour von dem serienmäßigen e-Routenplaner des Navis schmieden, der zwischen Batteriekapazität, Stromverbrauch und Distanz vermitteln kann. Er weiß also genau, ob es unter gegebenen Umständen schneller wäre, die Akkus einmal bis an den Rand vollzufüllen, oder etwa mehrere kurze Stopps im ladefreundlichen 20 bis 80 Prozent Kapazitätsfenster zu machen.


Phase #2: Lehrstunde Ladezeit

Jetzt ist es also soweit. Mars wird munter, und wenn Mars munter wird - das kennt bereits. Als wir zu unserem ersten Ladestopp abbiegen, will ich eine erste Referenzzeit setzen. Im Optimalfall werden am Supercharger 170 kW durchfließen - das heißt kaum mehr als 20 Minuten von 30 auf etwa 80 Prozent hinauf. Bei Beth und Christian macht sich zuerst einmal Erleichterung breit - arg, das geht ja wirklich fix -, aber die ist verflogen, als ich ihnen meinen Zeitplan präsentiere.




Pitstop-Delta: 20 Minuten. Und keine Sekunde länger, ihr Ungläubigen.


Während ich die Leerzeit nutze, um ein bisschen mit dem Infotainment zu spielen - ich glaube, Testify von Rage Against The Machine könnte passen - beginnen Beth und Christian die Infrastruktur für den Kleinen Mars hochzuziehen. Da herrscht Hochbetrieb am Fahrzeugheck: ausladen, umpacken, aufmachen, zumachen - Christian hat noch nicht einmal das Hipp-Glas aufbekommen, als ich den Stecker schon wieder aus der Stoßstange ziehe. Weiterfahrt, Freunde, wir wollen ja ankommen auch.


Keine Frage: Bei meiner Demonstration waren mir die Ladegötter wohlgesonnen (Dank geht raus an dieser Stelle). Es ist nämlich nicht immer so, dass alle Variablen ineinander greifen. Dass die Ladestationen fördern, was sie fördern sollen. Dass sie nicht "vorübergehend" außer Betrieb stehen. Dass man sie auf der Karte findet, und im echten Leben auch.


Unser zweiter Halt war zum Beispiel schon deutlich zäher: Der Supercharger entpuppte sich als lahme Ente, aufgrund eines Defekts mussten wir uns mit 50 statt 150 kW begnügen. Solche Späße können die Standzeit und den Frustrationsgrad empfindlich erhöhen - besonders dann, wenn man regelmäßig weite Strecken fährt. Einige Elektroauto-Fahrer dürften das nicht so gut verkraften, wie uns das folgende Bild verrät:



VW ID.Buzz Ladestecker

Ob hiermit am Ladeanschluss des Autos, oder am Beifahrer unsachgemäß hantiert wurde, konnten wir nicht feststellen. Wir wünschen sicherheitshalber gute Besserung.


Phase #3: Das UFO ist gelandet

Uns hat die 50-Minuten-Pause zugegeben nicht gestört. Wir hatten Zeit, das Chaos zu beseitigen, das wir nach dem ersten Stopp hinterlassen mussten, und wir konnten vorsorgen, um am Ziel mit genügend Reserven anzukommen. Mehr als die Hälfte der Kapazität hatten wir noch im Tank, als wir den ID.Buzz dann vor die Unterkunft rollten. Genug, um am nächsten Tag zum Skiort Steinplatte Waidring zu pendeln.


Zu unserer Überraschung war die Elektromobilität dort schon angekommen: Mehrere 22-kW-Ladestationen standen am Parkplatz artig Spalier, um den ID.Buzz tagsüber mit Saft zu befüllen. Schwieriger als zu neuem Strom war es, nach dem Snowboarden zurück zu unserem Auto zu kommen: Vor dem elektrischen Bulli hat des Abends der halbe Parkplatz versammelt, um einen Blick hinein, darauf oder darunter zu werfen. Die Begeisterung, die diesem Auto entgegenströmt, ist schlichtweg erstaunlich. Sogar am Drive-in-Schalter wurden wir angesprochen, was vielleicht einem Sportwagen, aber sicher keinem Nutzfahrzeug passiert.


Mah, der ist ja voll süß! Fährt der elektrisch? Wie weit kommt ihr denn? Platz hat der ja ohne Ende, oder? Darf ich kurz hinein schauen?



VW ID.Buzz Skiurlaub

Ganz gleich, wo man mit dem ID.Buzz hält: Neue Freunde sind einem sicher.


Das muss man dem VW-Konzern schon lassen: Sie haben den Bulli-Gedanken geschickt in die Neuzeit transportiert. Der ID.Buzz ist freundlich, sympathisch und praktisch, er verkörpert einen Lifestyle, mit dem man sich gerne identifiziert. Daran finden die Menschen Gefallen - das haben wir gespürt, angenommen und ganz offensichtlich auch weitergegeben.


Auch Beth und Christian hat der ID.Buzz schlussendlich bekehrt. Das lautlose Fahren, das Platzangebot, die unzähligen praktischen Stauräume und die Wohlfühl-Aura sind für eine Familie starke Argumente, und wir haben gelernt, dass Ladezeiten sogar zu kurz geraten können. Aber es stimmt natürlich: Muss man täglich hunderte Kilometer fahren, ist man im T7 sicher besser aufgehoben. Führt man Kind und Kegel hauptsächlich in der Umgebung spazieren - und mit Umgebung meine ich gute 350 Real-Kilometer, wenn man Autobahnen homöopathisch verwendet -, dann stechen der Elektro-Komfort, das Zuhause tanken, die langfristige Zuverlässigkeit und die grundsympathische Aura des ID.Buzz die paar Minuten locker, die man länger in den Urlaub braucht.


Phase #4: Und was ist mit der Umweltfrage?

Die Masterfrage haben sich Beth und Christian für den Heimweg aufgehoben: Ist das Elektroauto aber wirklich für die Umwelt gut? Die Batterieherstellung, die Rohstoffgewinnung, die Stromerzeugung – all das koste Ressourcen, und käme statt Abgasen jetzt einfach Sondermüll heraus?


So viel stimmt natürlich: Lithum-Ionen-Batterien sind in der Produktion CO2- und Rohstoff-intensiv. Allerdings ist das Bewusstsein dafür erst durch Elektroautos gewachsen. Diese Stromspeicher sind in Smartphones, Laptops oder Staubsaugern zu Milliarden verbaut, und während die Dinger tatsächlich auf dem Sperrmüll landen, werden für Auto-Batterien umfangreiche Second-Life-Verfahren entwickelt. Das bedeutet, diese können nicht nur recycelt und wieder aufbereitet, sondern beispielsweise auch zu großen Energielagern zusammengefasst werden, die zur Speicherung erneuerbarer Energie wie Wind- oder Sonnenkraft dienen. Auch der CO2-Abdruck und der Anteil seltener Erden sinkt stetig. Die Batterie-Herstellung wird optimiert, neue Rohstoffe werden gefunden.



Recyclingprozess Elektroauto Batterie Volkswagen

Ein beispielhafter Closed loop Recycling-Prozess. Das bedeutet, dass die Materialien nahe am Ursprungserzeugnis wiederverwendet werden.


Und, für mich das stärkste Argument: Elektroautos können langfristig unsere Energieversorgung stützen. Mit der Vehicle-to-Grid-Technologie sind unsere Fahrzeuge in der Lage, Strom nicht nur zu beziehen, sondern auch zurückzugeben. An das Energienetz, um Spitzenbelastungen auszugleichen. Oder an Geräte und sogar das eigene Haus. Ein teurer Pufferspeicher für die Photovoltaik-Anlage? Ein Notstromaggregat? Das könnte damit überflüssig sein. Mit den 77 kWh, die der ID.Buzz unter dem Fahrzeugboden trägt, lässt sich ein vier-Personen-Haushalt locker fünf Tage versorgen. Und wenn man die Batteriegröße nach der aktuellen Rechnung kalkuliert – ein Heim-Pufferspeicher kostet pro kWh etwa 1.000 Euro – bekommt man den ID.Buzz rundherum quasi geschenkt. Kein schlechtes Geschenk, wie wir finden.


 

VW ID.Buzz


Testwagenpreis: € 83.881,80 brutto (Basispreis: € 70.862)

Bestellbar: Ab sofort. (Konfigurator)

Maximale Leistung: 150 kW/204 PS

0-100 km/h: 10,2 sek.

Vmax: 145 km/h


Leergewicht: 2.471 kg inkl. Fahrer

Kofferraum: 1.120-2.123 Liter

Länge/Breite o.S./Höhe: 4.712/1.985/1.927-1.951 mm

Verbrauch (WLTP): 20,6 kWh/100 km

Reichweite (WLTP): 423 km

Ladung: 11 kW AC (0-100%: 8h) | 170 kW DC (5-80%: 30 min)


Ganz schnell: Der VW ID.Buzz hat uns nicht nur mit Komfort, viel Platz und für einen Bus recht ordentlicher Reichweite überzeugt. Dem Elektro-Bulli wird auch überall mit Sympathie begegnet - wir konnten kaum wo anhalten, ohne angesprochen zu werden. Mit 1.120 bis 2.123 Liter Ladevolumen kommen Familien und Freizeitsportler normalerweise super aus. Wer sich auf der Autobahn mit dem Tempo zügelt, schafft kombinierte Real-Reichweiten von über 350 Kilometer - nachgeladen wird mit bis zu 170 kW. Das bedeutet 5 bis 80 Prozent in unter 30 Minuten. Einziges wirkliches Manko: Der Preis. Mit 70.862 Euro Basispreis liegt der ID.Buzz deutlich über dem nochmals größeren und variableren VW T7 Multivan (ab 54.666 Euro).


 


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